Präventionsanreize im Morbi-RSA

Hintergrund

Präventive Gesundheitsmaßnahmen vermindern die Anzahl an Krankheitsfällen und damit insgesamt die Behandlungskosten. Der Nutzen entsprechender Maßnahmen ist damit aus medizinischer und volkswirtschaftlicher Sicht nicht von der Hand zu weisen. Das durch den IKK e. V. beauftragte Gutachten des WIG2 Instituts fokussiert nun die betriebswirtschaftliche Perspektive der gesetzlichen Krankenkassen als entsprechende Leistungserbringer.

Informationen im Überblick

Titel: Gutachten zu Anreizen für Prävention im Morbi-RSA

Motivation: Ziel ist es zu untersuchen, ob das gegenwärtige Zuweisungssystem für gesetzliche Krankenkassen hinreichend Anreize schafft, Maßnahmen zur Prävention zu ergreifen. Dabei steht die Frage im Fokus, ob die Erfüllung präventiver Aufgaben gegenüber den Versicherten im Spannungsverhältnis zu dem Interesse der Kassen an einer betriebswirtschaftlichen Optimierung steht.

Fragestellung: Sind im derzeitigen Zuweisungssystems des Morbi-RSA genügend Anreize für Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und Prävention vorhanden?

Methodisches Vorgehen: Methodischer Mix aus systematischer Literaturrecherche und einer retrospektiven sekundärbasierten nicht-randomisierten Kontrollgruppenstudie

Auftraggeber: IKK e. V. Gemeinsame Vertretung der Innungskassen und seine Mitglieder BIG direkt gesund, IKK Brandenburg und Berlin, IKK classic, IKK gesund plus, IKK Nord sowie IKK Südwest

Partner:

  •  Prof. Prof. h.c. Dr. Jochen Schmitt (Leiter des Zentrums für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung an der TU Dresden)
  • Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Wiesmeth (Präsident der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, Professor emeritus der TU Dresden, Lehrstuhl für VWL, insb. Allokationstheorien)

Leipzig, März 2016

Grundsätzlich lassen sich drei Formen von Präventionsmaßnahmen unterscheiden. Primärpräventionsmaßnahmen etwa setzen bereits an, bevor eine Krankheit eintritt. Dahingegen zielt die Sekundärprävention darauf ab, Krankheiten bzw. Risiken frühzeitig und damit vor Ausbruch von Beschwerden zu erkennen – beispielsweise durch entsprechende Vorsorgeuntersuchungen. Das Ziel der Tertiärprävention wiederum besteht schließlich darin, Verschlechterungen bereits bestehender Krankheitsbilder zu verhindern.

Literaturanalyse bestätigt Wirksamkeit von Primärprävention

Aus der systematischen Literaturanalyse konnte eine deutliche Wirksamkeit von Primärpräventionsmaßnahmen aus medizinischer Perspektive abgleitet werden – insbesondere im Zusammenhang mit sogenannten Volkskrankheiten wie Adipositas oder Diabetes mellitus Typ 2. In der Behandlung von Krebserkrankungen haben sich auch Sekundärpräventionsmaßnahmen als wirkungsvoll herausgestellt. Durch entsprechende Maßnahmen können Erkrankungen auf lange Sicht reduziert und damit Kosteneinsparungen bewirkt werden. Aus rein volkswirtschaftlicher Perspektive überwiegen die positiven Kosteneffekte von Primärpräventionsmaßnahmen dabei denen einer sekundärpräventiven Intervention.

Datenanalyse bestätigt Erkenntnisse aus Literaturanalyse

Der Fokus der Sekundärdatenanalyse liegt explizit auf der betriebswirtschaftlichen Perspektive einer Krankenkasse. In diesem Zusammenhang stehen insbesondere die Wirkungsbeziehungen zwischen Präventionsmaßnahmen und der Entwicklung von Zuweisungen und Leistungsausgaben im Vordergrund. Die Erkenntnisse aus der Literaturanalyse werden durch die Sekundärdatenauswertung gestützt – es zeigen sich deutliche, positive Effekte infolge von Präventionsmaßnahmen bei Morbi-RSA-relevanten Krankheiten.

Morbi-RSA-Bedingungen bergen Kostendilemma für Kassen

Damit sind Versicherte mit Prävention finanziell zunächst lohnender. Im zeitlichen Verlauf einer Präventionsmaßnahme kehrt sich dies allerdings schnell in einen Nachteil um. Während Versicherte zu Beginn einer Präventionsmaßnahme noch finanzielle Vorteile aufweisen, erhält man im weiteren Verlauf für Versicherte ohne Prävention deutlich höhere Deckungsbeiträge. Anreize für Präventionsmaßnahmen ergeben sich trotz der positiven medizinischen Wirkung im aktuellen Morbi-RSA für Krankenkassen damit nicht.

Während sich Prävention aus medizinischer und volkswirtschaftlicher Perspektive lohnt, trifft dies nicht in gleichem Maße auf die betriebswirtschaftliche Perspektive von Krankenkassen zu. Dieses Gutachten formuliert – mit Blick auf diese Problematik – verschiedene Ansätze, die für Krankenkassen Anreize zur Prävention im Morbi-RSA schaffen können. Die Lösungsansätze müssen dabei vor allem transparent und zielgerichtet ausgestaltet wie auch resistent gegen Manipulationen sein.

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