Gutachten zur Einflussnahme der Krankenkassen auf die ärztliche Kodierpraxis

Hintergrund

Der 2009 eingeführte Morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) soll mit Hilfe von Ausgleichzahlungen die Kostenrisiken von Krankenkassen abfedern. Bemessungsgrundlage für diesen Ausgleich stellen in erster Linie ambulant kodierten Diagnosen dar. Die Verlässlichkeit dieser Kodierungen ist mit Blick auf eine effiziente und faire Ressourcenverteilung von äußerster Bedeutung. Gleichzeitig werden den Krankenkassen in diesem Bereich immer wieder Manipulationsvorhaben unterstellt, um einen höchstmöglichen Kostenausgleich zu erwirken. Das WIG2 Institut untersucht in einer durch die Techniker Krankenkasse (TK) beauftragten Studie, inwiefern diese Unterstellungen gerechtfertigt sind und welche Wirkung dem Inkrafttreten des Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetzes (HHVG) im April dieses 2017 zuteil wird.

Informationen im Überblick

Titel: Gutachten zum Forschungsprojekt „Kodierwettbewerb“ – Einflussnahme auf die ärztliche Kodierpraxis und Auswirkungen der Gesetzesänderungen zur Vermeidung von Kodierbeeinflussungen gem. HHVG

Motivation: Die Studie verfolgt allgemein das Ziel, Aufschluss über die tatsächliche Einflussnahme der Krankenkassen auf die ärztliche Kodierpraxis zu erhalten. Im Besonderen werden die Effekte der gesetzlich verfügten Unterlassung von Manipulationen auf die Anreize zur Einflussnahme auf Diagnosekodierungen im Morbi-RSA untersucht.

Diskussionsgegenstand: Anreize zur Einflussnahme der Krankenkassen auf die ärztliche Kodierpraxis im Rahmen des Morbi-RSA.

Methodisches Vorgehen: Anonyme und onlinebasierte Befragung von niedergelassenen Ärzten – konkret Allgemeinmediziner, praktische Ärzte und Internisten ohne Schwerpunkt, die an der Versorgung von GKV-Patienten teilnehmen.

Auftraggeber: Techniker Krankenkasse (TK)

Leipzig, Oktober 2017

Die onlinebasierte Befragung von 1.000 vertragsärztlichen Leistungserbringern ergab, dass bereits 82 Prozent im Laufe ihrer Tätigkeiten von Seiten der Krankenkassen Kodierempfehlungen erhalten haben. 18,2 % der befragten Ärzte gaben an, auch seit Inkrafttreten des HHVG im April noch Vorschläge zur Diagnosekodierung erhalten zu haben.

Die Manipulation im Bereich der ärztlichen Kodierpraxis ist insofern problematisch, da mit Blick auf die Validität und Reliabilität des Krankheitsklassifikationssystems des MRSA Verzerrungen auftreten können. In der Folge könnten die Veranschlagung von Versorgungsausgaben und der tatsächliche Mittelbedarf divergieren. Damit erhalten Krankenkassen mitunter ungerechtfertigt hohe Ausgleichszahlungen aus dem Gesundheitsfonds. Eine effiziente, den realen Bedarfen entsprechende Ressourcenallokation würde somit erschwert. Darüber hinaus können verzerrte Kodierungen in der Veränderung von Risikoprofilen resultieren und damit eine GKV-übergreifend ineffiziente Mittelverteilung bewirken.

Das WIG2 Institut formuliert im Rahmen seiner Studie erste Handlungsempfehlungen mit Blick auf die Optimierung des Morbi-RSA. So könnte etwa die Veränderung der in den Morbi-RSA einbezogenen Krankheiten Manipulationsanreize im Rahmen der Diagnosekodierungen reduzieren. Auch dürfte eine geringere Gewichtung von häufig auftretenden Krankheiten Anreize zur Einflussnahme minimieren. Künftig ist der Morbi-RSA mit Blick auf eine stärkere Manipulationsresistenz wie auch hinsichtlich einer allgemeinen Reduktion von Manipulationsanreizen auf Seiten der Krankenkassen zu überarbeiten.

Diese wie auch weitere Ansätze zur Optimierung und stärker zielgerichteten Ausgestaltung des Morbi-RSA sind dem auf dieser Seite als Download bereitgestellten Gutachten zu entnehmen.

Download

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Dr. Ines Weinhold - Geschäftsführerin und Bereichsleiterin Gesundheitsökonomie

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