Vollständige Abbildung des Morbiditätsspektrums im Morbi RSA? Danny Wende bei EsFoMed Morbi-RSA-Symposium 2017

Der morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich – kurz Morbi-RSA – birgt nach wie vor ein großes Diskussionspotenzial. Das Symposium des Essener Forschungsinstitut für Medizinmanagement (EsFoMed) am 20. November in Essen greift die aktuellen Problematiken des Morbi-RSA auf und richtet sich dabei gezielt an gesetzliche und private Krankenkassen sowie alle anderen Akteure des Gesundheitswesens. Die für eine fruchtbare Diskussion notwendigen Informationen liefert auch dieses Jahr wieder eine große Runde an Experten – unter ihnen etwa Prof. Dr. Wasem – Professor für Medizinmanagement an der Universität Duisburg-Essen, Sylvia Demme vom Bundesversicherungsamt (BVA), Prof. Dr. Matusiewicz von der EsFoMed sowie Prof. Dr. Jacobs vom WIdO-Institut. Auch das WIG2 Institut ist in diesem Jahr erneut vertreten: Danny Wende, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut, stellt unterschiedliche Modelle zur Abbildung von Morbidität im Morbi-RSA vor.

In einem halbstündigen Vortrag referierte Danny Wende vom WIG2 Institut zu den Möglichkeiten der Abbildung des vollständigen Morbiditätsspektrums im Risikostrukturausgleich und potenziellen Wechselwirkungen mit einer Regionalkomponente. Hintergrund des Redebeitrags stellen dabei unterschiedliche Problematiken im morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich dar, die auf regionaler Ebene unter Umständen zu Verwerfungen führen können. Potenziell nachteilig könnten sich etwa nicht ausgleichsfähige Krankheiten auswirken. Auch bleiben strukturelle und Interaktionseffekte mitunter unberücksichtigt, Manipulationsanreize des Morbi-RSA bestehen.  Die aktuelle Systematik des 2009 eingeführten Ausgleichsverfahrens ist mit Blick auf diese Verwerfungspotenziale zu überdenken.

Wende stellt vor diesem Hintergrund zwei grundlegende Modellkategorien für einen vollständigen Morbiditätsaufgriff vor. Die eine Kategorie zielt primär auf arzneimittelbasierte Modelle ab, während die zweite Kategorie Modelle mit einem erweiterten (diagnosebezogenen) Krankheitsspektrum fokussiert. Der erste Modelltypus orientiert sich bei der Klassifizierung von Morbidität an Arzneimittelverordnungen im ambulanten Sektor – diese Vorgehensweise findet beispielsweise in den Niederlanden bereits Anwendung. Die zweite Variante basiert auf dem Klassifikationsmodell KM87a_2016 des Instituts des Bewertungsausschusses (IBA) mit einer vollständigen Abbildung des Morbiditätsspektrums.

In der Gegenüberstellung beider Modelle manifestieren sich unterschiedliche Vor- und Nachteile in der Anwendung. Durch eine Gruppierung anhand von Arzneimittelverordnungen erfolgt eine Reduktion der individuellen Modellgüte. Die Anteile von Alters- und Geschlechtsgruppen (AGG) wie auch die Überdeckung gesunder Versicherter erhöhen sich durch eine alleinige Anwendung dieses Modells noch. Auch lässt sich in der regionalen Anpassung keine Verbesserung verzeichnen. Von einer Erweiterung des Krankheitsspektrums profitiert die individuelle Vorhersagegüte, die AGG-Anteile verringern sich, eine Überdeckung gesunder Versicherter bleibt aber weiterhin bestehen. Eine Verbesserung der regionalen Anpassung kann auch hier nicht festgestellt werden. Die Kombination beider Modelle wiederum vermag sowohl die individuelle Modellgüte zu verbessern als auch die AGG-Anteile und die Überdeckung gesunder Versicherter zu reduzieren. Allerdings können Regionalverzerrungen auch durch Interaktion beider Modelle nicht beseitigt werden. Da Morbiditätsmaße jedoch grundsätzlich Einfluss auf die Regionalkomponente ausüben, ist diese auch im Weiteren zu erforschen.  

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