Rückblick: 3rd Special Session DSH'21

Am 3. September 2021 fand zum dritten Mal in Folge das Forum Data Science in Health, Ecology and Commerce (DSH'21) im Rahmen der FedCSIS 2021 statt. Hier drehte sich alles um die Themen Datenanalyse, Datenökonomie, Informationssysteme, datenbasierte Forschung und insbesondere deren Interaktion. Das WIG2 Institut richtete diese Session zusammen mit dem Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität Leipzig, dem Social CRM Research Center (SCRC) sowie dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung aus.
 
Unsere WIG2-Kollegin Dr. Carsta Militzer-Horstmann moderierte gemeinsam mit Dr. Olaf Reinhold vom SCRC durch ein abwechslungsreiches Programm – von der smartphonebasierten Bestimmung der Zahnfarbe, über die Erkennung der Alzheimer-Krankheit durch biometrische Daten der Augenmotorik bis hin zur intensiv diskutierten Frage „Shorter Length of Stay Keeps the Doctor Away?“.

Hier finden Sie die Kurzzusammenfassungen der fünf Beiträge sowie Links zu den jeweiligen Veröffentlichungen.


Verabreichung von Massenimpfstoffen bei Versorgungsunsicherheiten

regular research paper
(Mass Vaccine Administration under Supply Uncertainty)

Salvatore Foderaro, Maurizio Naldi, Gaia Nicosia, Andrea Pacifici

Mit dem Auftreten der Corona-Pandemie stellt sich die Frage, wie die für Herdenimmunität notwendige Massenimpfung möglichst schnell durchgeführt werden kann. Das Team um Salvatore Foderaro untersuchte mittels einer computergestützten Studie verschiedene Strategien mit unterschiedlicher Berücksichtigung der logistischen Herausforderungen und unterschiedlichen Planungshorizonten. Dadurch soll die Anzahl der in Impfzentren täglich zur Verfügung stehenden Impfdosen berechnet werden, damit in möglichst kurzer Zeit eine hohe Impfquote erreicht werden kann. Herausforderungen liegen in der Lagerung, Produktion und Lieferung der Impfstoffe sowie in der Kapazität von Impfzentren und den Eigenschaften der Impfstoffe selbst (Haltbarkeit, Zweit-/Boosterimpfung und deren Zeitabstände). In der Studie nicht berücksichtigt wurden Faktoren wie Impfpriorisierungen oder Impfmotivation. Verglichen wurden eine sogenannte "Hellseher-Strategie" (deterministischer Ansatz als Benchmark), eine"konservative Strategie" sowie vier q-Tage-im-Voraus Strategien (1, 7, 14 und 21 Tage). Es zeigte sich, dass der beste Kompromiss zwischen Auslastung der Impfzentren und Ausschöpfung der Bestände mit einer konservativen Strategie erreicht wird, bei der Impfdosen für Zweitimpfungen zurückgehalten werden. Bei den q-Tage-im-Voraus Strategien ist durch die höheren Ausschöpfungsraten das Risiko höher, im Laufe des Tages keine Impfdosen mehr zur Verfügung zu haben (sog. out of stock day).

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Smartphonebasierte Farbmessung von Zähnen

short paper
(Smartphone-Based Color Measurement of Tooth)

Agnieszka Radziun, Rafał Doniec, Szymon Sieci´nski, Natalia Piaseczna, Konrad Duraj, Ewaryst Tkacz, Katarzyna Mocny-Pacho´nska, Marta Tanasiewicz, Marta Cie´slik-Wegemund

Die Forschungsgruppe aus Polen rund um Agnieszka Radziun beschäftigte sich mit dem Thema der digitalen Farbmessung von Zähnen zur Herstellung von Zahnfüllungen. Die richtige Farbwahl für eine möglichst unauffällige Füllung ist kein triviales Unterfangen und unterliegt meist einer subjektiven Beurteilung durch ärztliches Fachpersonal. In der Studie wurden die Farbschattierungen der verbreiteten GC Gradia Direct-Farbskala mit Hilfe von Smartphone-Apps in verschiedenen Lichtverhältnissen gemessen. Anschließend hat das Team die RGB- (rot, grün, blau) und HSV-Werte (Farbton, Sättigung, Farbwert) quantitativ ausgewertet. Dafür wurden die Rangkorrelation nach Spearman und die linearen Korrelationskoeffizienten nach Pearson verwendet. Im Ergebnis zeigt sich, dass jede Farbschattierung anhand einzelner Farbkomponenten unter verschiedenen Lichtverhältnissen identifiziert werden kann. Im sichtbaren Licht ist die blau-Komponente des RGB-Farbraums das herausragende Merkmal. Unter Einbezug dieser Ergebnisse ließe sich ein optimiertes Modell der Farbschattierungen von Zähnen entwickeln, mit welchem die Auswahl der Farbe bei Zahnfüllungen erleichtert werden soll.

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Klassifizierung von Alzheimer-Patient:innen anhand von Metriken der Augenmotorik

short paper
(Classification of Alzheimer's Disease Patients using Metrics of Oculo-Motors)

Wioletta Nowak, Minoru Nakayama, Elzbieta Trypka, Anna Zarowska

Das polnische Forschungsteam um Wioletta Nowak befasste sich mit der Erkennung der Alzheimer-Krankheit durch biometrische Daten der Augenmotorik. 26 Studienteilnehmer:innen unterzogen sich der Mini-Mental State Zustandsprüfung (MMSE), und einem medizinisch-kognitiven Test. Sie wurden anschließend mit Hilfe ärztlicher Begutachtung in die Diagnoseklassen Alzheimer, Leichte Kognitive Beeinträchtigung (mild cognitive impairment) sowie in eine Kontrollgruppe (normal elderly controls) eingeteilt. Während des Tests wurden ihre Augenbewegung und die Pupillenreaktion über eine Bildverfolgungsbrille metrisch vermessen, um so Daten zu sechs Indikatioren zu ermitteln - darunter Pupillengröße und -oszillation. Eine MMSE besteht aus sechs Teststufen, deren Resultate zwischen den drei Vergleichsgruppen analysiert wurden. Anschließend konnten mit Hilfe von Random Forest und Datenerweiterungstechniken Vorhersagen getroffen werden. Bei einigen Indikatoren wurden gerade bei den ersten Teststufen signifikante Unterschiede bei den Studienteilnehmer:innen festgestellt, an denen die Alzheimer-Krankheit in dieser Studiengruppe vorhergesagt werden konnte. Die Validierung und Verbesserung des Vorhersageverfahrens ist Gegenstand weiterer Untersuchungen.

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Shorter Length of Stay Keeps the Doctor Away? – Einfluss der Krankenhausverweildauer auf die Rehabilitation

position paper
(Shorter Length of Stay Keeps the Doctor Away? About the Influence of the Length of Hospital Stay on the Recovery)

Felix Krüger, Tobias Schäffer, Gerrit Stahn

Das Team von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg beschäftigte sich mit den Fragen, ob eine sinkende Verweildauer in der stationären Versorgung einen Effekt auf die Behandlungs- beziehungsweise Versorgungsqualität der Krankenhäuser in Deutschland hat und ob eine kürzere Verweildauer in der stationären Versorgung eine Ausweitung der ambulanten Anschlussversorgung nach sich zieht. Ausgangspunkt ist die Tatsache, dass seit 1960 die Krankenhausverweildauer in Deutschland stark rückläufig ist. Dies könnte einerseits zu Gesundheitsrisiken der Patient:innen und höheren Kosten durch notwendige anschließende Behandlungen führen. Andererseits könnte eine verkürzte Verweildauer durch eine effizientere Betreuung im Krankenhaus entstehen, welche die Kosten der Krankenkassen senken würde. Die Untersuchung erfolgte mit Hilfe einer Literaturanalyse unter Hinzunahme von Abrechnungsdaten gesetzlicher Krankenkassen aus der Forschungsdatenbank des WIG2 Instituts. Diese Daten wurden mit den öffentlich zugänglichen DRG-Daten des Deutschen Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) ergänzt. Mit einer empirischen Datenanalyse wurden Genesungsindikatoren wie Sterblichkeit, Medikamentenverbrauch, Komplikationen und Komorbiditäten untersucht. Hierbei konzentrierte sich das Team zunächst auf drei häufige Interventionen: Blinddarmentfernung, Transkatheter-Aortenklappenimplantation und den Einsatz von künstlichen Hüftgelenken.

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Maximum Simulated Likelihood (MSL): Don’t Stop Believin’?

position paper
Christopher Schrey

Das Position Paper von Christopher Schrey geht den potenziellen Verzerrungen bei der Maximum Simulated Likelihood (MSL)-Methode und fehlenden Leitlinien der MSL-Schätzungsmethode nach. Solche Verzerrungen können immer dann auftreten, wenn Forscher:innen bestimmte Merkmale von Patient:innen oder Verbrauchern und deren Entscheidungen nicht final bestimmen können. Beispielsweise kommt es bei Auswahlmöglichkeiten immer auf persönliche Präferenzen und Erfahrungen an. Über solche, nicht beobachtbaren Faktoren werden Annahmen getroffen und der Einfluss dieser Annahmen anschließend herausgerechnet. Eine Methode dafür ist die MSL-Schätzung. Forscher:innen können an dieser Stelle falsche Einschätzungen für die Berechnung verwenden und es kommt zu einer Verteilungsfehlanpassung. Die Folgen einer solchen Fehlanpassung und Auswirkungen auf die MSL-Schätzungsmethode sind bisher nur unzureichend betrachtet worden. Christopher Schrey befasst sich in seiner Arbeit mit diesen Fehlanpassungen und deren Folgen sowie Möglichkeiten, Verzerrungen zu erkennen. Hierfür analysierte und interpretierte er MSL Studien. Er vergleicht Studiendesigns und deren Abweichungen, vor allem Abweichungen des Mittelwertes und der Standardabweichung von den jeweils angenommenen Werten und der tatsächlichen Verteilung. Die Ergebnisse dieser Forschung dürften sowohl für Ökonometriker:innen, die Analysen mit MSL-Schätzung durchführen, als auch für die Forschungsgemeinschaften, welche so ermittelte Ergebnisse weiterbearbeiten, von Bedeutung sein. Ein mögliches weiteres Forschungsprojekt wäre eine Korrekturmöglichkeit einer solchen Fehlanpassungen durch Verzerrungen.

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Autorinnen der Kurzzusammenfassungen zu den Beiträgen: Franziska Stutzer, Synke Lautenschläger

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