15. dggö Jahrestagung 2023 » Vortragssitzung D1 – Digitale Tools in der Gesundheitsversorgung

Wirksamkeit digitaler Pflegeanwendungen bei Personen mit häuslichem Pflegebedarf – ein systematisches Review

Sandy Scheibe
Dienstag, 14. März 2023, 11:40–13:00 Uhr, Raum A320

Abstract

Einleitung

Die steigende Anzahl Pflegebedürftiger stellt Gesundheits- und Pflegesysteme vor Herausforderungen. Um diesen zu begegnen, wurden in Deutschland Digitale Pflegeanwendungen (DiPA) in den Leistungskatalog der Pflegekassen eingeführt. Deren Ziel ist es, einer Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit entgegenzuwirken und/oder die Selbstständigkeit in der Häuslichkeit zu fördern (Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz, 2021). Bisher existiert keine systematische Übersichtsarbeit, welche die Wirksamkeit von digitalen Anwendungen bei Pflegebedürftigen, entsprechend der DiPA-Definition, auf deren Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL) und/oder damit verbundenen gesundheitsbezogenen Outcomes im häuslichen Pflegekontext untersucht.

Methode

Die Übersichtsarbeit wurde nach PRISMA-Richtlinien durchgeführt. Es erfolgte eine systematische Recherche in Medline und Cinahl sowie eine ergänzende Handsuche nach vordefinierten Ein- und Ausschlusskriterien. Sowohl der zweistufige Studieneinschluss (Titel-Abstract-, und Volltextscreening) als auch die Bewertung der Studienqualität (anhand des Cochrane Risk-of-Bias Tool) erfolgte durch zwei Reviewer unabhängig voneinander. Die Datenextraktion erfolgte anhand einer vordefinierten Extraktionstabelle.

Ergebnisse

Insgesamt wurden 2.661 relevante Artikel identifiziert. Nach dem Titel-Abstract-Screening verblieben 44 Studien, die im Volltext geprüft wurden. Insgesamt wurden 8 randomisierte kontrollierte Studien in die qualitative Analyse eingeschlossen. Die Ergebnisse beschränken sich auf internationale Literatur. Die identifizierten Studien untersuchten vorwiegend die Wirksamkeit von DiPA bei Personen mit kognitiven Defiziten (N=5). Studienendpunkte bildeten kognitive Funktionen (n=5), die gesundheitsbezogene Lebensqualität (n=2), ADL (n=2), die Zufriedenheit mit der Medikation (n=1), Mobilität (n=1) und Sturzprävention (n=1). In vier Studien wurden signifikante Verbesserungen hinsichtlich Kognition, ADL und Mobilität nachgewiesen. Die Studienqualität ist aufgrund vorwiegend unverblindeter Studiendesigns (n=4) niedrig bis moderat.

Zusammenfassung

Obwohl die Studienergebnisse erste Hinweise zur Verbesserung von Kognition, ADL und Mobilität durch DiPA zeigen, ist insgesamt eine nur wenig belastbare Evidenzbasis verfügbar. Zudem zeigt sich ein heterogenes Bild hinsichtlich der untersuchten Studienpopulationen, was durch die zugrundeliegende Operationalisierung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs begründet werden kann. Hinzu kommt, dass sich die Interventionen grundlegend in ihrem Funktionsumfang unterscheiden. Weiterhin wird eine Vielzahl unterschiedlicher Studienendpunkte genutzt. Neben diesen Heterogenitätsquellen und der schwachen Evidenzbasis, erschwert eine niedrige bis moderate Studienqualität die Ableitung evidenzbasierter Empfehlungen.

Autor:innen

  • Sandy Scheibe, WIG2 GmbH
  • Patrick Timpel, WIG2 GmbH
  • Melanie Mäder, WIG2 GmbH
  • Ria Heinrich, WIG2 GmbH
  • Tonio Schönfelder, WIG2 GmbH