15. dggö Jahrestagung 2023 » Vortragssitzung B7 – Ambulante Versorgung

Gesundheitsökonomische Evaluation zum Einfluss psychiatrischer Modellvorhaben bei Menschen mit affektiven Störungen, schizophreniformer Störung und Alkoholstörungen – Ergebnisse der PsychCare-Studie

Roman Kliemt
Montag, 13. März 2023, 16:00–17:20 Uhr, Raum F142

Vortrag

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Abstract

Einleitung

Mit dem 2012 geschaffenen Paragraphen 64b SGB V wurde für psychiatrische Kliniken die Möglichkeit geschaffen, Modellvorhaben zur Verbesserung der Patientenversorgung zu erproben. Anreize für eine flexiblere Behandlung und die Stärkung ambulanter Versorgung sollen dabei durch eine Neugestaltung des Krankenhausbudgets gesetzt werden. Konnte im Rahmen der EVA64-Studie bereits die Kosteneffektivität der Modellversorgung mittels Routinedaten gezeigt werden, bezieht die durch den Innovationsfonds geförderte PsychCare-Studie zusätzlich Primärdaten und somit PROMs in die gesundheitsökonomische Evaluation ein.

Methode

Zur Erfassung des Outcomes der gesundheitsbezogenen Lebensqualität wurde der QWB-SA als standardisierter Fragebogen verwendet. Für die Kostenerhebung wurde auf den CSSRI-D, der auf die Versorgung in den Modellvorhaben angepasst wurde, zurückgegriffen. Die Rekrutierung der Patient:innen erfolgte in 9 zufällig ausgewählten Modellkliniken (IG) und 8 Kontrollkliniken (KG) der Regelversorgung. Dabei wurden (teil-)stationäre und ambulante Patient:innen mit affektiven Störungen, schizophreniformen Störungen oder Alkoholstörungen konsekutiv von Februar 2018 bis September 2019 eingeschlossen (t0). Die Messungen erfolgten zum Zeitpunkt der Rekrutierung sowie nach 9 (t1) und 15 Monaten (t2). Für die Kosten-Nutzwert-Analyse wurden QALYs aus den durch den QWB-SA ermittelten Gesundheitszuständen berechnet. Die Kostenerfassung erfolgte aus einer gesellschaftlichen Perspektive. Zur Bewertung der Effizienz wurde das inkrementelle Kostennutzwertverhältnis berechnet.

Ergebnisse

Zum Zeitpunkt t0 lagen insgesamt 1150 für die Analyse zur Verfügung stehende Fragebögen (51,7% IG; 48,3% KG) vor. Die auswertbaren Rückläufe für t1 sowie t2 betrugen 251 (77,7% IG; 22,3% KG) bzw. 359 Datensätze (60,4% vs. 39,6%). Die gesundheitsbezogene Lebensqualität lag zu t0 in der IG mit 0,530 signifikant (p<0,001) über der der KG (0,481). Zu t1 und t2 waren diese Werte zwischen IG und KG vergleichbar (t1: IG = 0,573; KG = 0,536; t2: IG = 0,581; KG = 0,586). Bei den Kosten ergaben sich für den Zeitraum von sechs Monaten vor Rekrutierung (t0) gesellschaftliche Kosten in Höhe von 21.200 € je Patient:in in der IG und 23.310 € in der KG (p = 0,058). Auch in t1 und t2 lagen die Kosten für Zeiträume von jeweils einem halben Jahr in der IG unter denen der KG (t1: 12.085 € vs. 14.547 €; p = 0,157; t2: 19.336 € vs. 26.654 €; p=0,093).

Zusammenfassung

Bei der Ergebnisbetrachtung ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der mehrjährig bestehenden Versorgungsstrukturen bereits t0 als Intervention, d.h. Versorgung unter Modellbedingungen in der IG, zu werten ist. Die Ergebnisse deuten somit darauf hin, dass die Versorgung in den Modellvorhaben eine höhere Lebensqualität der Patient:innen bei gleichzeitig geringeren Kosten induziert.

Autor:innen

  • Tarcyane Barata Garcia, Wissenschaftliches Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung (WIG2), Leipzig
  • Fabian Baum, Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden
  • Ines Weinhold, Wissenschaftliches Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung (WIG2), Leipzig
  • Bettina Soltmann, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden
  • Andrea Pfennig, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden
  • Jochen Schmitt, Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden
  • Dennis Häckl, Universität Leipzig
  • Anne Neumann, Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden