Innovationen im Gesundheitswesen: Ziele, Statistiken und Analysen zum Innovationsfonds

Beitrag im Buch Krankenkassen- und Pflegekassenmanagement, 23.01.2023

 

Kurzbericht:

Innovationen im Gesundheitswesen dienen dem Ziel einer verbesserten medizinischen Leistungserbringung, um Gesundheit und Lebensqualität zu fördern. Auch die in einem zunehmenden Fachkräftemangel in ländlichen Räumen resultierenden Auswirkungen des geo-demografischen Wandels tragen aktuell zu einer hohen Relevanz von Innovationen im Gesundheitswesen bei, da Herausforderungen in größerem Maßstab entgegengetreten werden muss. Der 2015 mit dem GKV-Versorgungsgesetz ins Leben gerufene Innovationsfonds setzt an dieser Stelle an und trägt durch die finanzielle Förderung neuer Versorgungsformen und Versorgungsforschung zu einer sektorenübergreifenden Verbesserung der bestehenden Regelversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bei. In dem Beitrag von Alisa Hamm, Franziska Stutzer, Dr. Carsta Militzer-Horstmann, Tobias Schäffer, Dr. Ines Weinhold und Dr. Thomas Höpfner werden die bis dato geförderten Innovationsfondsprojekte untersucht und eine umfassende Informationsgrundlage für die Bewertung des Innovationsfonds hinsichtlich seiner Zielsetzung geschaffen.

Methodik

Um dies zu erreichen, führten Hamm et. al die Systematik eines Teilberichts der Prognos AG (Astor et al., 2019), der bereits als Entscheidungsgrundlage für die Fortführung des Innovationsfonds fungierte, weiter, passten dessen Vorgehensweise bei Bedarf an und ergänzten diesen um seitdem hinzugekommene Projekte. Hierfür wurden alle verfügbaren Informationen zu den geförderten Projekten erfasst und anhand im Vorhinein definierter Merkmale analysiert. Es wurden die fünf ergebnisoffenen Merkmale Projektname, Förderlaufzeit, Fördersumme, Antragssteller und Konsortialpartner festgehalten. Acht Merkmale wurden anhand einer festgelegten Auswahl möglicher Kategorien unterschieden: Themenfeld, Bundesland, Status, Empfehlung für die Überführung in die Regelversorgung (für beendete Projekte), Krankheits- bzw. Populationsbezug, Phase (als Interventionsbezug) sowie das Zusammenspiel von Sektoren und Berufsgruppen. Bei weiteren acht Merkmalen wurden die Kategorien induktiv aus der Betrachtung der Projekte heraus gebildet. Dies betraf den Typ von Antragsteller und Konsortialpartner, den Interventionsanlass, die Zielgruppe nach Alter und Prädisposition, die Interventionskategorie, die Digitale Komponente und das Projektziel.

Ergebnisse

Während Innovationen über neue Versorgungsformen (NVF) am häufigsten die Digitalisierung im Gesundheitswesen thematisieren, liegt der Schwerpunkt von Projekten der Versorgungsforschung (VSF) in der Qualitätssicherung und der Sicherheit der Patient:innen. Die Durchführung der Förderprojekte findet hauptsächlich in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern statt. Die NVF-Projekte haben im Durchschnitt eine Förderlaufzeit von etwa 44 Monaten und werden mit einer durchschnittlichen Fördersumme von 5 Mio. EUR mehr unterstützt als die VSF-Projekte, welche eine durchschnittliche Förderlaufzeit von etwa 37 Monaten mit einer durchschnittlichen Fördersumme von 1,1 Mio. EUR haben. Eine Empfehlung zur Überführung in die Regelversorgung wurde für 44,4 % der beendeten NVF-Projekte ausgesprochen und auch 46,67 % der beendeten VSF-Projekte erhielten eine Empfehlung. Weitere Ergebnisse zeigen, dass die meisten Projekte einen Populationsbezug aufweisen und sich auf die zu den in Deutschland häufigsten zählenden Erkrankungen­­ wie psychischen Erkrankungen und Verhaltensstörungen, Neubildungen (insb. Krebs) sowie Krankheiten des Kreislaufsystems konzentrieren. Ein Großteil der Projekte verfolgt sektorenübergreifende bzw. -unabhängige Ansätze und bezieht verschiedene Gesundheitsberufe ein, was einer der Zielsetzungen des Innovationsfonds − der Förderung interdisziplinärer und fachübergreifender Versorgungsmodelle − entspricht. Der Digitalisierung im Gesundheitswesen schreiben vor allem die NVF-Projekte eine große Rolle zu.

Zusammenfassung und Ausblick

Mit ihrem Beitrag zu Innovationen im Gesundheitswesen bieten Hamm et. al eine Gegenüberstellung ihrer Ergebnisse mit denen des ersten Teilberichts der Prognos AG sowie gesetzlichen Rahmenbedingungen und Zielen des Innovationsfonds. Es konnte gezeigt werden, dass der Innovationsfonds eine Vielzahl von Versorgungslücken adressiert und durch das Gewinnen neuer Erkenntnisse ein konkreter Nutzen, der in der Verbesserung der bestehenden sektorenübergreifenden Regelversorgung der GKV liegt, zu erkennen ist. Die Autor:innen betonen weiterhin die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Evaluation der Projekte des Innovationsfonds, um die deutsche Gesundheitsversorgung zu stärken und weiterzuentwickeln. Dieser Bedarf wird vor allem in Anbetracht der im Zusammenhang mit der Coronapandemie relevanten Themen wie Pandemien, Arzneimittelversorgung und Impfungen verstärkt. Besondere Chancen können in einem zunehmenden Trend zur Digitalisierung und telemedizinischen Anwendungen gesehen werden.

Kurzbericht verfasst von Melanie Lohner

 

Literaturhinweis

Astor, M., Heimer, A., Hornik, A., Klaus, C., Riedel, W., Stengel, V. & Vollmer, J. (2019). Gesamtbericht des Innovationsfonds. Wissenschaftliche Auswertung der Förderungen aus dem Innovationsfonds gem. § 92a Abs. 5 SGB V. Teilbericht der ersten Evaluationsphase. Im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit. Prognos AG. (Bundestags Drucksache, 19/8500). Online: <https://dserver.bundestag.de/btd/19/085/1908500.pdf> (abgerufen am 21.01.2022).

 

 


Autor:innen:
Alisa Hamm, Franziska Stutzer, Carsta Militzer-Horstmann, Tobias Schäffer, Ines Weinhold, Thomas Höpfner

Zitation:
Hamm, A., Stutzer, F., Militzer-Horstmann, C., Schäffer, T., Weinhold, I. & Höpfner, T. (2023). Innovationen im Gesundheitswesen. In: H.-R. Hartweg, F. Knieps & K. Agor (Hrsg.). Krankenkassen- und Pflegekassenmanagement. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden, S. 1–29. DOI: <https://doi.org/10.1007/978-3-658-31244-2_58-1>