Analyse der Apotheken­versorgung in Bayern

Die Anzahl öffentlicher Apotheken sinkt im Freistaat Bayern und ganz Deutschland seit dem Jahr 2009. Begleitet wird diese Entwicklung durch herausfordernde Faktoren wie den demografischen Wandel und Arzneimittellieferengpässe. So stellt sich heute und zukünftig die Frage, ob und wie die Bevölkerung ausreichend mit Arzneimitteln und weiteren Apothekenleistungen versorgt werden kann. Für den Freistaat Bayern setzt sich eine Kooperation aus Wissenschaftler:innen dreier Forschungseinrichtungen bis Ende 2025 mit diesem Thema auseinander. Im Auftrag des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit sollen der aktuelle Stand und der regionalspezifische Bedarf an Apotheken­leistungen in Bayern erfasst und Versorgungsdefizite ermittelt werden. Ein weiteres Ziel ist die Identifikation aktueller und bevorstehender Herausforderungen für Apotheken. Darauf aufbauend gilt es, Handlungserfordernisse und -empfehlungen für eine bedarfsgerechte Apothekenversorgung der bayerischen Bevölkerung abzuleiten.

Im Zeitraum zwischen September und November 2023 findet eine telefonische Befragung einer repräsentativen Stichprobe der bayerischen Bevölkerung statt. Mehr hierzu unter „Vorgehen“

Hintergrund

Im Jahr 2000 wurde die Apothekenversorgung in Deutschland noch durch insgesamt 21.592 öffentliche Apotheken sichergestellt. 2021 wurde mit 18.461 öffentlichen Apotheken der niedrigste Stand seit Anfang der 1980er Jahre verzeichnet (ABDA, 2022). Auch im Freistaat Bayern ist die Anzahl seit 2009 rückläufig, wohingegen die Einwohner:innenanzahl je öffentlicher Apotheke steigt – ein Trend, der mit komplexen Problematiken, wie regionalen Veränderungen von Bevölkerungsstrukturen und Beeinträchtigungen bei Arzneimittellieferungen einhergeht. Die Apothekenversorgung steht damit bereits heute vor verschiedenen, angebots- und nachfragebedingten Herausforderungen. Diesen Herausforderungen muss in nachhaltiger Weise begegnet werden, um jederzeit eine wohnortnahe, bedarfsgerechte Apothekenversorgung gewährleisten zu können. Es bedarf einer umfassenden, fortwährenden Sicherstellung aller Aufgaben und Funktionen von Apotheken. Neben der Versorgung mit Arzneimitteln zählen dazu auch begleitende Beratungsleistungen sowie bestimmte logistische und distributive Aufgaben.

Vorgehen

Im Rahmen des Projekts werden im Freistaat Bayern sowohl Status quo und geschätzter Bedarf der Apothekenversorgung ermittelt als auch unmittelbare Probleme und bevorstehende Hürden der Apotheken identifiziert. Außerdem steht die Ausarbeitung von Maßnahmen für eine bedarfsgerechte Versorgung mit Arzneimitteln und weiteren Apothekenleistungen im Zentrum der wissenschafltichen Arbeit.

Für die Konzeption und Durchführung dieser Studie beauftragte das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ein Konsortium, bestehend aus dem Wissenschaftlichen Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung (WIG2), dem Fachgebiet Gesundheitsökonomie der Technischen Universität München sowie Prof. Dr. Volker Ulrich von der Universität Bayreuth.

Im ersten Schritt geht es um die regionalspezifische Ermittlung von Kennzahlen, welche die Apothekenlandschaft Bayerns charakterisieren. Dies erfolgt auf Basis verschiedener Datenquellen wie z. B verfügbaren Sekundärdaten und einer Leistungserbringer:innenbefragung. Die Ergebnisse werden in einem dynamischen Dashboard abgebildet. Außerdem kommt ein Set aus theoretischen Konzeptionen, Recherchen, Literatur- und Sekundärdatenanalysen sowie leitfadengestützten Expert:inneninterviews und einer ergänzenden Bevölkerungsbefragung zum Einsatz, um Faktoren zu identifizieren, welche sich auf die Inanspruchnahme von Apothekenleistungen und die Ausgestaltung der Apothekenversorgung auswirken.Dafür werden zwischen September und November 2023 insgesamt 450 zufällig angerufene Personen mit Hilfe von Telefon-Interviews anonymisiert befragt, um in Erfahrung zu bringen, in welchem Maße und in welcher Art und Weise die Angebote und Leistungen von Apotheken wahrgenommen werden und welche Zugangsbarrieren es hierbei möglicherweise gibt. Außerdem werden die Umstände, unter welchen Bürger:innen eine öffentliche Apotheke vor Ort aufsuchen und wann sie sich für die Nutzung einer Versandapotheke entscheiden, erhoben.

Parallel zur IST-Analyse untersuchen die Wissenschafler:innen die lokalen Bedarfe für Apothekenleistungen. Dafür werden vorab Versorgungsziele, Indikatoren und Messmethoden zur Bedarfsschätzung in einem Konsensprozess mit Expert:innen erarbeitet. Hierauf aufbauend wird der regionalspezifische Versorgungsbedarf auf Basis von GKV-Routinedaten berechnet.

Durch die Gegenüberstellung von gegenwärtigem Angebot und ermitteltem Bedarf können anschließend potenzielle Versorgungsdefizite aufgezeigt werden. Prognosemodelle sowie die Ergebnisse aus den Expert:inneninterviews und der Leistungserbringer:innenbefragung dienen außerdem zur Bestimmung Bestimmung weiterer aktueller und zukünftiger Herausforderungen.

Darauf aufbauend werden innovative Ansätze entwickelt und diskutiert, mit welchen die zuvor gesetzten Versorgungsziele erreicht werden können.

Ziel

Diese Forschungsarbeit liefert eine objektive, datenbasierte Grundlage zur Bewertung und nachhaltigen Weiterentwicklung der Apothekenversorgung in Bayern – um letztendlich eine bedarfsgerechte Versorgung der bayerischen Bevölkerung auch zukünftig sicherstellen zu können.

Am WIG2 Institut sind maßgeblich Dr. Eric Faß, Josephine Thiesen und Dr. Ines Weinhold an dem Projekt beteiligt. Die Projektleitung erfolgt durch Dr. Franziska Claus (v. l. n. r.).

Auftraggeber:

Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit

Projektpartner:

  • WIG2 – Wissenschaftliches Institut für Gesundheitsökonomie und ­Gesundheitssystemforschung, Dr. Franziska Claus
  • Technische Universität München, Fachgebiet Gesundheitsökonomie, Prof. Dr. Leonie Sundmacher


Weitere 
Projektpartner:

Prof. Dr. Volker Ulrich, Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre III, Finanzwissenschaft, Universität Bayreuth

 

Stand: September 2023