PräVaNet

Strukturiertes, intersektoral vernetztes, multiprofessionelles, digitalisiertes Programm zur Optimierung der kardiovaskulären Prävention

Das Projekt PräVaNet beschäftigt sich mit einem Präventionskonzept für Menschen, die an diabetesbedingten Folgeerkrankungen leiden. Sie sind besonders bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Schlaganfall oder plötzlichem Herztod deutlich gefährdeter als Patient:innen ohne Diabetes mellitus Typ 2. Bei der bisherigen Behandlung ist die interdisziplinäre kardiovaskuläre Risikobewertung häufig unzureichend. Zudem ist der Zugang zu Präventionsangeboten unstrukturiert. Genau dort setzt das im Juli 2021 gestartete Forschungsvorhaben PräVaNet an. Ziel ist eine optimierte, digital vernetzte, fachübergreifende und personalisierte Präventionsstrategie, um diabetesassoziierte Folgeerkrankungen besser vermeiden zu können. Diese schließt eine interdisziplinäre Zusammenarbeit, die Lebensstilanpassung, die Fähigkeit zum Erkrankungs-Selbstmanagement und eine optimale personalisierte Pharmakotherapie ein. Erprobt und mit der Regelversorgung verglichen wird der neue Versorgungsansatz von der Charité – Universitätsmedizin Berlin, Medizinische Klinik für Kardiologie, Campus Benjamin Franklin, in Zusammenarbeit mit Schwerpunktpraxen aus Berlin und Brandenburg, der AOK Nordost sowie der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin und Brandenburg. Gemeinsam mit dem aQua-Institut und der Deutschen Stiftung für chronisch Kranke wird das WIG2 Institut die Effektivität und Kosteneffizienz der PräVaNet-Versorgung evaluieren.

Hintergrund

In Deutschland sind aktuell etwa 6,9 Millionen Menschen an Diabetes mellitus Typ 2 erkrankt, darunter vor allem ältere Menschen. Diabetes-Patient:innen haben ein fünffach höheres Schlaganfallrisiko und ein dreifach höheres Risiko, einen plötzlichen Herztod zu erleiden. Bislang mangelt es an strukturierten Präventionsangeboten und einer ausreichenden fachübergreifenden Risikobewertung und -kontrolle, um diabetesassoziierte Folgeerkrankungen zu vermeiden. Deshalb wurde das PräVaNet-Versorgungsmodell entwickelt, das nun ab dem Jahr 2022 erprobt wird. Dafür werden Expert:innen der Charité – Universitätsmedizin Berlin mit voraussichtlich 50 kardiologischen und diabetologischen Schwerpunktpraxen in Berlin und Brandenburg sowie einem Telemedizinzentrum zusammenarbeiten.

Im Mittelpunkt des Versorgungsansatzes steht der Einsatz digitaler Monitoring- und Behandlungsstrategien, die sogenannte „ePrevention“. Dabei kommen digitale Blutdruck- und gegebenenfalls Blutzuckermessgeräte sowie EKG-fähige Pulsuhren zum Einsatz, um die jeweiligen Risikofaktoren dauerhaft beobachten zu können. Eine speziell hierfür entwickelte eHealth-Plattform inklusive einer Patient:innen-App bringt die digital erfassten Daten zusammen und ermöglicht eine direkte, interprofessionelle Kooperation aller Leistungsbringer. Über die App übermitteln Patient:innen ihre Messwerte und haben jederzeit Zugang zu ihren medizinischen Daten. Hierüber wird auch Feedback zu Wohlbefinden und Therapieverlauf eingeholt. Grundlage des PräVaNet-Programms ist die facharztübergreifend abgestimmte Präventionsstrategie, auf deren Basis der individuelle Therapieplan erstellt und über die App den Patient:innen zugespielt wird. Die Betroffenen werden individualisiert angeleitet, ihre Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten umzustellen. In den jeweiligen Praxen kümmert sich eine qualifizierte medizinische Fachangestellte, eine „PräVaNet-Nurse", um die engmaschige Betreuung der Patient:innen. Außerhalb der regulären Praxisöffnungszeiten übernimmt ein angegliedertes Telemedizinzentrum die Risikofaktorenkontrolle. Somit ist eine kontinuierliche Betreuung (24/7) der Betroffenen gewährleistet. Ziel ist eine optimierte und personalisierte, leitlinien- und bedarfsgerechte, interdisziplinäre und kontinuierliche Präventionsstrategie, um einer Verschlechterung des gesundheitlichen Zustands bei Patient:innen mit Diabetes Typ 2 entgegenzuwirken.

Studienkonzept

Im Rahmen des durch den Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) geförderten Projekts PräVaNet werden Hochrisikopatient:innen mit Diabetes mellitus Typ 2 mit und ohne PräVaNet-Versorgung verglichen.

Es handelt sich um eine multizentrische, zweiarmige, parallelgruppengeführte, randomisierte Studie mit jeweils 1.275 Patient:innen in der Interventions- und in der Kontrollgruppe. Der Gruppenvergleich erfolgt hinsichtlich der Vermeidung von kardio- und zerebrovaskulären Komplikationen. Als sekundäre Parameter werden unter anderem das kardiovaskuläre Risiko, Therapietreue, Wohlbefinden und gesundheitsbezogene Lebensqualität erfasst. Die gesundheitsökonomische Evaluation erfolgt aus gesellschaftlicher Perspektive als Kosten-Nutzwertanalyse. Im Rahmen der Studie werden Primär- und Routinedatenanalysen, eine Patientenbefragung und Interviews durchgeführt.

Im Erfolgsfall können Versorgungslücken geschlossen und relevante kardiovaskuläre Komplikationen, Folgeerkrankungen und Krankenhauseinweisungen vermieden werden. Außerdem können Arzneimittelkosten sowie Haus- und Facharztbesuche reduziert werden. Die digitale Vernetzung zwischen Patient:innen und Fachkräften soll langfristig Risikoprofil, Lebensqualität und Gesundheit verbessern.

Am WIG2 Institut sind Roman Kliemt und Dr. Eric Faß maßgeblich an dem Projekt beteiligt. Die Teilprojektleitung am WIG2 Institut erfolgt durch Ines Weinhold (v. l. n. r.).

Das Projekt PräVaNet wird vom Innovationsfonds über einen Zeitraum von 4 Jahren mit insgesamt ca. 4,5 Millionen Euro gefördert (Fördernummer: 01NVF20001).

Das Konsortium besteht aus folgenden Partnern:

Konsortialführung:

Charité – Universitätsmedizin Berlin, Medizinische Klinik für Kardiologie, Campus Benjamin Franklin; Projektleitung Prof. Dr. D. Leisnter

Konsortialpartner:

WIG2 Institut, aQua – Institut, Deutsche Stiftung für chronisch Kranke (DScK), AOK Nordost, Kassenärztliche Vereinigung Berlin

 

Laufzeit: Juli 2021 bis Juni 2025

Stand: Februar 2022