Risikoselektion im Rahmen der GKV - Wie umfangreich wirkt sich der Morbi-RSA auf regionale Selektionsmechanismen aus?

Durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-FQWG) hat sich der Wettbewerb unter den Krankenkassen deutlich verschärft. In einem hart umkämpften Markt um finanzielle Wettbewerbsvorteile fallen Anreize zur Risikoselektion von Versicherten umso größer aus. In diesem Zusammenhang fokussierte WIG2-Mitarbeiter Danny Wende vor allem die Frage danach, inwiefern sich der Morbi-RSA auf die regionale Risikoselektion von Versicherern auswirkt. Ein wissenschaftliches Papier mit seinen Ausarbeitungen wurde nun jüngst online publiziert.

Ein größerer Konkurrenzdruck auf dem Markt der Gesetzlichen Krankenversicherer (GKV) hat kostensenkende Maßnahmen umso attraktiver gemacht. Da die Risikoselektion für die Versicherer oftmals die einzige Möglichkeit zum Ausbau von Wettbewerbsvorteilen darstellt, sind in diesem Bereich die Anreize besonders groß. Dabei rücken Qualitätsaspekte in den Hintergrund, während eine der Hauptanstrengungen seitens der Versicherer auf die Akquise günstiger, da weniger risikobehafteter Versicherter ausgerichtet sind. Von diesem Vorgehen profitieren vor allem jene Krankenkassen, die ihre Beiträge möglichst umfassend zu reduzieren vermögen und damit besonders für gesunde Menschen attraktiv sind. Dies jedoch erfolgt zum Teil auf Kosten stärker risikobehafteter Versicherungsanwärter. Da diese insgesamt größere finanzielle Aufwendungen vermuten lassen, finden sie weniger Beachtung.

Neben finanziellen Gesichtspunkten üben ebenfalls der morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) wie auch der Wettbewerb der Versicherer untereinander einen entscheidenden Einfluss aus. Insbesondere an die Auswirkungen des Morbi-RSA auf die Risikoselektion knüpft das Erkenntnisinteresse des WIG2-Mitarbeiters Danny Wende an. So steht die Frage danach im Fokus, inwiefern der Risikostrukturausgleich eine räumliche Risikoselektion unter Umständen begünstigt. Dabei werden im Rahmen einer Autokorrelationsanalyse Versicherte räumlich klassifiziert und miteinander verglichen. Die Untersuchungsgrundlage bilden die Daten von insgesamt 1,2 Mio. gesetzlich Krankenversicherten. Eine Betrachtung einzelner Versicherter im Verhältnis zur Region ermöglicht Krankenkassen Rückschlüsse darauf, welches Risiko mit einem weiteren Versicherten aus der betrachteten Region einhergeht.

Wendes Untersuchungen haben ergeben, dass der Morbi-RSA in regionalen Clustern entsprechende Risiken zunächst um 91% senkt. Dementsprechend wirkt sich der Risiko-Strukturausgleich insofern vorteilhaft aus, dass stärker risikobehaftete Regionen finanziell abgefedert werden. Dennoch besteht für überregional agierende Krankenkassen nach wie vor ein Anreiz, Versicherte aus insgesamt weniger risikobehafteten Regionen zu akquirieren und sich damit marktliche Vorteile zu sichern. Dies ist nicht zuletzt aufgrund fehlender, relevanter Parameter des Risikostrukturausgleichs in diesem Zusammenhang zurückzuführen. Zukünftig müsste – so Danny Wendes Schlussfolgerung – der Morbi-RSA folglich dahingehend angepasst werden, fortbestehende Anreize zur Risikoselektion auf lange Sicht zu unterbinden, um eine Rückkehr zu einer effizienten und vor allem bedarfsgerechten Ressourcenallokation von Versicherungsleistungen zu bewirken.

Weitere Informationen zur Publikation finden Sie unter: DOI: 10.1055/s-0042-123851

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