Im diesjährigen Bundestagswahlkampf schlug die Partei Bündnis 90/Die Grünen vor, Sozialbeiträge ebenso auf Kapitalerträge zu erheben. Mit dem wenig konkreten Vorschlag wurde insbesondere auf das Finanzdefizit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) reagiert, das im Jahr 2025 schätzungsweise 46,69 Mrd. € betragen wird (GKV-Schätzerkreis, 2024) – ein Minus, von 2,75 Beitragssatzpunkten (BSP). Auch in den folgenden Jahren muss mit einer stetig wachsenden Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben gerechnet werden. Der vorgebrachte Vorschlag soll weiter steigenden Beitragssätzen zur anteiligen Kompensation dieser Unterdeckungen entgegenwirken.
In der politischen und medialen Diskussion dieser Idee fehlen jedoch eine klare Definition von Kapitalerträgen und Informationen zur konkreten Höhe der Beiträge bzw. zur Berücksichtigung von Freibeträgen. Außerdem ist unklar, welches finanzielle Potenzial einer Ausweitung der Bemessungsgrundlage der Sozialversicherungsbeiträge innewohnt.
In der Literatur liegen seit Jahrzehnten Berechnungen zu den potenziellen Mehreinnahmen der GKV vor. Unsere Kolleg:innen Lotte Wedekind und Benjamin Berndt haben zehn relevante Publikationen zur Finanzwirkung der Verbeitragung von Kapitalerträgen untersucht.