Was ist der MCID, warum ist er wichtig und wie wird der MCID in DiGA-Studien festgelegt?

Das sagt die Theorie

Der Begriff MCID steht für „Minimal Clinically Important Difference“, auf Deutsch: „Minimale klinisch relevante Differenz“. Der MCID beschreibt die kleinste Veränderung eines Symptoms oder Zustands, die für die Patientin/den Patienten spürbar und wichtig ist – also eine Verbesserung, die man wirklich im Alltag merkt. Der MCID ist eine zentrale Größe in der klinischen Forschung, da er eine Einschätzung darüber erlaubt, ob der Effekt einer Behandlung nicht nur statistisch signifikant, sondern auch klinisch relevant ist.

Der MCID wird häufig durch Methoden wie den ankerbasierten Ansatz oder den verteilungsbasierten Ansatz berechnet.

Der ankerbasierte Ansatz nutzt einen externen Referenzpunkt („Anker“), der unabhängig vom gemessenen Outcome ist, um die Bedeutung einer Veränderung zu interpretieren. Typische Anker sind globale Bewertungen des Gesundheitszustands durch Patientinnen, z. B. mittels Fragebögen zur Lebensqualität (z. B. EQ-5D, SF-12). Ein Beispiel: Der SF-12 wird zu zwei Zeitpunkten erhoben (z. B. vor (t0) und nach der DiGA-Nutzung (t1)). Die Patient:innen beantworten zusätzlich eine globale Veränderungsfrage, z. B.: „Wie hat sich Ihre Gesundheit seit der letzten Befragung verändert?“ (sehr viel schlechter – sehr viel besser). Die Antworten auf den Anker werden genutzt, um Gruppen zu definieren (z. B. „etwas besser“ = minimal relevante Verbesserung). Der mittlere Unterschied in den SF-12-Werten zwischen t0 und t1 für die Gruppe „etwas besser“ wird als MCID interpretiert.

Der verteilungsbasierte Ansatz nutzt statistische Kennwerte wie die Standardabweichung (SD) oder den Standardfehler, um zu berechnen, ab wann eine Veränderung im Score (z. B. SF-12) nicht mehr zufällig, sondern bedeutsam ist. Ein Beispiel: Wenn die SD der Subskala des SF-12 bei 10 liegt, dann gelten 0,5 SD = 5 Punkte als klinisch relevante Veränderung. Diese Methode liefert objektive Schwellen, berücksichtigt aber nicht direkt die Patient:innenperspektive. Ideal ist die Kombination mit der ankerbasierten Methode.


Das sagt die Praxis

Zum 12.06.2025 sind 57 Anwendungen im DiGA-Verzeichnis gelistet. Vielfach wurde für diese Anwendungen im DiGA-Verzeichnis kein MCID hinterlegt. Für DiGA-Hersteller lohnt sich aus diesem Grund ein Blick in weiterführende Informationsgrundlagen, wie beispielsweise die Studienberichte der DiGA-Hersteller oder bereits veröffentlichte Publikationen zu den Pilot- und Erprobungsstudien.


Gut zu wissen

Gemäß den Anforderungen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist – neben der statistischen Signifikanz – die Berücksichtigung des MCID für alle primären und auch sekundären Endpunkte wesentlich. Klinisch relevante Ergebnisse sollten zudem bereits im Zuge der Pilotstudie erkennbar sein, dahingegen ist eine Tendenz hin zu einer statistischen Signifikanz der Ergebnisse (p<0,1) hier ausreichend.

Für die Festlegung eines geeignet MCIDs können folgende Punkte hilfreich sein:

  • Die Festlegung eines MCID sollte auf einer fundierten Literaturrecherche basieren. Existieren unterschiedliche MCIDs, sollte die Wahl eines bestimmten MCIDs transparent begründet werden. Existiert ein bestimmter MCID-Bereich existieren, sollte ebenso nur ein MCID gewählt und dies ebenso transparent begründet werden.
  • Bereits bei der Auswahl der Erhebungsinstrumente sollte darauf geachtet werden, dass ein MCID vorhanden ist.
  • Dieser MCID sollte sich auf die adressierte Studienpopulation beziehen. Tut er dies nicht, muss begründet werden, weshalb sich der gewählte MCID auf die adressierte Studienpopulation adaptieren lässt.
  • In einigen Indikationsbereichen und für einige Erhebungsinstrumente kann es schwierig sein, passende MCIDs zu finden. Hier unterstützen unsere DiGA-Experten gern mit Tipps und Tricks aus ihrer Erfahrung aus zahlreichen BfArM-Beratungsgesprächen.
  • In jedem Falle gilt: Eine Abklärung der gewählten MCIDs – sowohl für die primären als auch für die sekundären Endpunkte – sollte im Rahmen eines BfArM-Beratungsgesprächs erfolgen.