Kann eine DiGA-Studie auch außerhalb von Deutschland durchgeführt werden?

Das sagt die Theorie

Damit Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) in Deutschland zugelassen werden können, muss nachgewiesen werden, dass sie einen positiven Versorgungseffekt (pVE) erzielen. Laut § 10 Absatz 5 der DiGAV sollen die dafür nötigen Studien in Deutschland durchgeführt werden. Das ist wichtig, um sicherzustellen, dass die Ergebnisse tatsächlich für die Gesundheitsversorgung hierzulande aussagekräftig und verlässlich sind. DiGA sind oft so gestaltet, dass sie Patient:innen direkt mit Behandelnden vernetzen. Sie greifen also aktiv in Abläufe der medizinischen Versorgung ein und unterstützen diese – aus Sicht der Betroffenen. Ob eine DiGA wirklich einen Nutzen hat, hängt daher stark davon ab, wie die Versorgung in Deutschland funktioniert. Ein Vergleich mit einer Behandlung ohne DiGA ist nur dann sinnvoll, wenn er sich auf das deutsche Gesundheitssystem bezieht.

In bestimmten Fällen können auch Studien anerkannt werden, die außerhalb Deutschlands durchgeführt wurden – aber nur dann, wenn gezeigt werden kann, dass das Gesundheitssystem, die Versorgungssituation und darin inkludiert auch die medizinischen Behandlungsleitlinien und die Studienpopulation innerhalb der einzelnen Länder vergleichbar sind. Es muss also gut begründet werden, dass die Ergebnisse aus dem Ausland auch auf die Situation in Deutschland übertragbar sind.


Das sagt die Praxis

Bislang haben drei DiGA-Hersteller erfolgreich Studien außerhalb Deutschlands durchgeführt. Die Anwendung somnio, die zur Behandlung von Schlafstörungen eingesetzt wird, wurde in Zürich (Schweiz) untersucht. Velibra, eine DiGA zur Unterstützung bei Angststörungen, konnte ihre Wirksamkeit in einer Studie in Bern (Schweiz) nachweisen. Die Anwendung edupression.com®, die zur Behandlung von Depressionen dient, wurde in Österreich untersucht. In allen drei Fällen konnten die Hersteller überzeugend belegen, dass sowohl die Versorgungspraxis als auch die Patient:innenstruktur im jeweiligen Studienland mit den Bedingungen im deutschen Gesundheitssystem vergleichbar sind. Auf dieser Grundlage wurden die Studien vom BfArM anerkannt.


Gut zu wissen

Ob eine im Ausland durchgeführte Studie anerkannt wird, entscheidet das BfArM stets im Einzelfall. Dabei genügt es nicht, dass eine Studie methodisch sauber durchgeführt wurde – entscheidend ist, ob die Ergebnisse auch wirklich auf das deutsche Gesundheitssystem übertragbar sind. Um die Erfolgsaussichten einer im Ausland durchgeführten Studie realistisch einschätzen zu können, empfiehlt es sich, dieses Thema frühzeitig im Rahmen eines Beratungsgesprächs mit dem BfArM anzusprechen. In diesem Gespräch kann geprüft werden, ob die geplante Studiendurchführung – insbesondere in Bezug auf Versorgungsrealität, Patient:innenpopulation und Studienziel – den Anforderungen für eine mögliche Anerkennung entspricht. Das Beratungsgespräch bietet Herstellern die Gelegenheit, Unsicherheiten zu klären und frühzeitig Rückmeldung zu erhalten, ob eine Übertragbarkeit auf das deutsche Gesundheitssystem plausibel dargelegt werden kann.

Um die Übertragbarkeit auf den Versorgungskontext in Deutschland nachvollziehbar darzulegen, sollten insbesondere die folgenden Aspekte beachtet werden:

  • Vergleichbarkeit der Patient:innenpopulation, der anerkannten Behandlungsleitlinien und der tatsächlichen Versorgungsrealität für die in den Studien eingeschlossenen Indikationen gemäß ICD-10.
  • Ähnlichkeit der Gesundheitssysteme, insbesondere in Bezug auf den Zugang zu und die Erstattung von Gesundheitsleistungen, die für die jeweiligen ICD-10-Indikationen relevant sind.
  • Validierung der zur Messung der Endpunkte verwendeten Erhebungsinstrumente (z. B. Fragebögen) in der jeweils eingesetzten Sprachversion.

Darüber hinaus spielt auch die sprachliche Übertragbarkeit eine zentrale Rolle. Eine im Ausland getestete DiGA muss in einer für die Patient:innen in Deutschland verständlichen und fachlich korrekten Sprachversion vorliegen. Hierfür ist eine professionelle Übersetzung erforderlich, die durch zertifizierte Übersetzer:innen angefertigt wird.